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PolyBur P1: das 2-stufige Exkavationskonzept

10:00 26-06-2017

Während rotierende Instrumente in der Vergangenheit oft die Tendenz zur Überpräparation zeigten, steht der P1 für eine Bohrergeneration, die sich durch Design, Material und Funktion selbst limitiert. Wie sich die neue Philosophie des Exkavierens an deutschen Universitäten langsam durchsetzt, diskutieren Prof. Rainer Haak, MME (Uni Leipzig), cand. med. dent. Sonja Riemann (Uni Mainz) und die Komet Studentenbetreuerin Kim Johnsen (Lemgo).

Welche Sicherheit kann der PolyBur 1 geben?

Johnsen: Mit dem P1 kann beim Exkavieren zwischen krankem und gesundem Dentin besser unterschieden werden. Seine Materialhärte setzt Grenzen bei der Exkavation, denn auf hartem, gesundem Dentin verrunden die Schneiden automatisch. Außerdem biegt er sich bei zu hoher Anpresskraft im Halsbereich durch.

Riemann: Ich bin Studentin im 10. Semester und erinnere mich, als der P1 im 7. Semester in der Vorlesung bei Prof. Brita Willershausen eingeführt wurde und dann im Zahnerhaltungskurs zum ersten Mal zum Einsatz kam. Erst dachte ich: Oh nein, bitte kein neues Instrument, bringt eh nichts! Aber das habe ich schnell revidiert. Was für eine tolle Erleichterung! Vorher mussten wir uns Stück für Stück vorsichtig mit dem Rosenbohrer vorarbeiten und zig Mal den Assistenten mit der Frage löchern „Ist es jetzt genug?“ – immer belegt mit der Angst, doch irgendwann in die Pulpa einzubrechen. Hier gibt mir der P1 Sicherheit, er bestimmt jetzt das Maß für die Exkavation. Ich bin echt begeistert und denke, er ermöglicht uns Studenten ein selbstständigeres Arbeiten.

Prof. Haak: Die einen Studierenden fragen mehr nach, die anderen weniger. Aber besonders beim Examen fällt mir immer wieder auf, dass Studierende das Exkavieren besonders gut machen wollen und besonders viel Struktur wegnehmen. Sie tragen für den guten Eindruck tendenziell  zu viel ab. „Besonders viel“ wird dann mit „besonders gut“ gleichgesetzt in der Erwartung, jetzt besonders gründlich gehandelt zu haben. Doch das ist falsch, in diesen Fällen handelt es sich um Überbehandlung. Der P1 ist eine gute Möglichkeit, den Endpunkt beim Exkavieren reproduzierbar zu machen. Ich möchte aber hinzufügen: Er orientiert sich allein an der Härte, also an Mineralisationsunterschieden. Die Bakterienfront ist in diesen Bereichen des Härteanstiegs schon längst entfernt. Deshalb ist es selbst beim P1 nicht in jedem Falle sinnvoll, die Abtragsfähigkeit voll auszuschöpfen.

Wann ist der P1 indiziert und wie wird er eingesetzt?

Riemann: Die klassische Indikation für den PolyBur P1 ist die weiche, pulpanahe Karies bei klinisch symptomlosen Milch- und bleibenden Zähnen. Ich setze den P1 immer zusätzlich ein, d.h. zuerst bearbeite ich die peripheren Anteile mit einem herkömmlichen Rosenbohrer. In Situationen, in denen ich unsicher werde - bei unter sich gehenden Bereichen oder Karies-vortäuschenden Verfärbungen - streife ich am Kavitätenboden punktuell mit dem P1 drüber und benötige dafür in der Regel auch nur ein Instrument. Ich wünschte, ich hätte den P1 schon früher im Studium gehabt, das  hätte mir viel Unsicherheit erspart. Für das Examen werde ich ihn mir auf jeden Fall bestellen. 

Prof. Haak: An der Uni Leipzig setzen wir den PolyBur P1 seit 2011 standardmäßig ein. Ich kann nur hoffen, dass die Studierenden – wo immer sie dann ihre Assistenzzeit verbringen – diese Lehre dauerhaft weiter umsetzen bzw. einführen oder zumindest dank des PolyBurs P1 gelernt haben, rechtzeitig mit der Exkavation aufzuhören.

Johnsen: Als zusätzliches Instrument entsteht unter den Studenten oft die Diskussion um den Preis (2,05 € minus 25% Studentenrabatt). Doch ich bemerke: Der blaue Bohrer ist inzwischen immer öfter fester Bestandteil im Instrumentensatz, z.B. an den Unis in München, Mainz und Leipzig. Voraussetzung ist natürlich immer, dass die P1-Philosphie in den Kursen gelehrt wird.

Wie hoch ist der Erklärungsbedarf?

Prof. Haak: Die Pulpa bleibt zu. Wer diesen Satz beherzigt, versteht auch das Prinzip vom P1, der das Risiko senkt, in die Pulpa einzubrechen. Erklärungsbedürftig ist meist nur, dass er ausschließlich in den zentralen, tiefen Arealen eingesetzt werden soll. Unser Anspruch ist es, dass die junge Zahnarzt-Generation ein 2-stufiges Exkavationskonzept lernt, das dann auch in den Praxen fortgelebt wird.

Riemann: In der Vorlesung logisch erklärt, ein Video dazu angeschaut – also ich habe den P1 schnell begriffen.

Johnsen: Wir lassen niemanden mit einem Produkt „allein“: Erklärungsbedürftige Produkte sind  in der Regel an Zusatzinformationen geknüpft, wie Gebrauchsanweisungen, Broschüren, Produktinformationen und Fachberichte. In einigen Fällen bieten wir auch Videos, Kurse oder Webinare an. Die Rückmeldungen der Studenten, die den P1 routinemäßig einsetzen, sind durchweg positiv.

Vielen Dank für das Gespräch.

Erstveröffentlicht in DZW input  22/16, Zahnärztlicher Fach-Verlag GmbH, Herne

Prof. Rainer Haak, MME (Uni Leipzig

cand. med. dent. Sonja Riemann (Uni Mainz)

Kim Johnsen, Komet Studentenbetreuerin

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