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Prüfung endgültig nicht bestanden - was tun?

Früher war das Physikum die maßgebliche Hürde für Studenten der Zahnmedizin. Bis hierhin war es relativ einfach; im Physikum wurde "gesiebt". Danach folgen die klinischen Kurse, bei denen nur selten jemand scheitert. Die Verhältnisse haben sich geändert. Die meisten Studenten scheitern heutzutage an den vorklinischen Leistungsnachweisen in Anatomie, Physiologie und vor allem in Biochemie. Nichtbestehensquoten von über 70% sind hier keine Seltenheit. Fast alle Universitäten sind zudem dazu übergegangen, die Anzahl der Wiederholungsversuche für die vorklinischen Leistungsnachweise zu beschränken, zumeist auf insgesamt höchstens drei Versuche. Die Praxis an den einzelnen Hochschulen geht dahin, die Studenten nach erfolglosem Durchlaufen aller Prüfungsversuche nicht zu exmatrikulieren, sondern ihnen schlicht das Weiterstudium nicht zu ermöglichen. Der Student ist zwar noch eingeschrieben, er kann sich aber wegen des fehlenden Leistungsnachweises nicht zum Physikum anmelden, und er kann auch wegen Ausschöpfung der Prüfungsversuche den Leistungsnachweis an seiner Hochschule nicht mehr erwerben. Man könnte auch von einer "Exmatrikulation auf kaltem Wege" sprechen.

Wo liegen die Lösungsmöglichkeiten?

Zunächst besteht die Möglichkeit, den fehlenden Leistungsnachweis an einer anderen Hochschule zu erwerben. Das geht entweder durch Exmatrikulation an der bisherigen und erneute Immatrikulation an einer anderen Hochschule oder als Zweithörer an einer anderen Universität. Der Weg der Exmatrikulation ist nicht zu empfehlen, denn das Landesrecht aller Hochschulen schließt Studenten von der Immatrikulation aus, die in dem betreffenden Studiengang ihren Prüfungsanspruch an einer anderen Hochschule endgültig verloren haben. Wer sich einmal exmatrikuliert, muss damit rechnen, in Zahnmedizin nie wieder einen Studienplatz zu erhalten. Das Hochschulrecht der meisten Länder lässt zu, dass eingeschriebene und nicht beurlaubte Studenten anderer Hochschulen als Zweithörer an Lehrveranstaltungen teilnehmen und auch Prüfungen ablegen und somit Leistungsnachweise erwerben können. Soweit man als Betroffener Aufnahme an einer Hochschule findet, die einem speziell den Erwerb des noch fehlenden Leistungsnachweises ermöglicht, sollte man von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Praktisch wird dies nur selten vorkommen, weil die medizinischen Fakultäten ohnehin mit ihren Ersthörern ausgelastet sind und deshalb kaum je freiwillig Zweithörer aufnehmen. Denkbar ist allerdings, den Zweithörerstatus im Gerichtswege einzuklagen. Keine Probleme bereitet in der Regel der Erwerb des fehlenden Leistungsnachweises im Ausland. Hier bietet sich ein Studienjahr in Ungarn an, wo im vorklinischen Studienabschnitt die Lehrveranstaltungen der deutschen Universitäten abgebildet und in deutscher Sprache durchgeführt werden. Die Kosten dieses Vorgehens sind allerdings erheblich, alleine die Studiengebühren liegen bei etwa 5.500 € pro Semester. Und der Zeitverlust ist ebenfalls immens. In Ungarn erworbene Leistungsnachweise werden durchweg problemlos anerkannt. Unter Vorlage des Leistungsnachweises kann dann das Studium an der bisherigen Universität fortgeführt werden.

Gerichtliche Anfechtung

Die nicht bestandene Prüfung kann auch gerichtlich angefochten werden. Dies ist in der Regel der Weg mit dem geringsten Zeitverlust. Voraussetzung ist natürlich, dass die Bescheide über das Nichtbestehen der Prüfung noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind. Die Prüfungen im vorklinischen Studienabschnitt werden fast sämtlich im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt. Die Fehleranfälligkeit dieses Prüfungsverfahrens ist erheblich, sodass Prüfungsanfechtungen gute Erfolgschancen haben. Schließlich besteht die Möglichkeit, das Studium zu wechseln. Namentlich bietet sich ein Wechsel in die Humanmedizin an. Die bisher erworbenen Leistungsnachweise werden in diesem Rahmen zumeist problemlos anerkannt. Natürlich muss man auch erst einmal einen Studienplatz für Humanmedizin erhalten. Dies ist für Studenten im höheren Fachsemester allerdings einfacher als für Studienanfänger. Die Bewerbung läuft über die Universitäten direkt, wobei allerdings freiwillig im gesamten vorklinischen Studienabschnitt kaum noch Studenten aufgenommen werden. Auch auf diesem Weg wird sich eine Klage kaum vermeiden lassen.

Dr. Christian Birnbaum
www.birnbaum.de