Bundesländer müssen Zahl der Studienplätze für Medizin deutlich erhöhen
„Mit den aktuell in Ausbildung befindlichen Nachwuchsmedizinern können wir den künftigen Bedarf an ärztlicher Versorgung nicht decken. Dafür bräuchten wir bis zum Jahr 2035 jedes Jahr bis zu 6.000 Studienplätze zusätzlich“, erklärte Gassen. Er bezog sich dabei auf eine Studie, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht hat. „Wir fordern die Bundesländer dringend auf, die Kapazitäten an den Hochschulen entsprechend zu erhöhen“, so Gassen weiter. Jetzt räche sich der starke Abbau von Studienplätzen in den vergangenen zwei Jahrzehnten, insbesondere nach der Wiedervereinigung. „Hier müssen wir endlich gegensteuern – wohl wissend, dass Studierende, die heute ihre Ausbildung beginnen, erst in etwa 15 Jahren als ‚fertige‘ Ärzte in der Praxis ankommen“, sagte der KBV-Chef.
Aufgrund des zeitlich verzögerten Effekts droht der Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung, gemessen am heutigen Niveau, auf 74 Prozent zu sinken, so die Berechnungen des Zi. Dabei ist die heutige Nettozuwanderung von 1.639 ausländischen Ärzten pro Jahr schon mit eingerechnet. Um den Status quo in der ambulanten Versorgung aufrechtzuerhalten, müssten sich demnach jedes Jahr weitere 3.600 Fachärzte aus dem Ausland hier niederlassen. „Das kann aber aus unserer Sicht nicht die Lösung sein – wir sollten den sogenannten Braindrain, also die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte aus ihren Herkunftsländern, nicht auch noch unterstützen und so das Ausbluten der dortigen Versorgung billigend in Kauf nehmen“, betonte der KBV-Chef.
Gleichzeitig warnte er: „Wer glaubt, dass sich diese Herausforderungen im Zuge des technologischen Fortschritts quasi von selbst erledigen und der Ärztemangel mithilfe der Digitalisierung oder durch das Verlagern von ärztlichen Aufgaben auf nichtärztliche Gesundheitsberufe kompensieren lässt, der ist auf dem Holzweg. Selbst wenn der Anteil von Telemedizin in den kommenden Jahren deutlich zunehmen sollte, bedarf es immer noch eines Arztes oder einer Ärztin am Ende der Leitung. Und eine richtige Behandlung, bei der ich den Patienten insgesamt sehen und anfassen können muss, kann ohnehin nicht per Bildschirm stattfinden.“