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Digitaler Hörsaal – Studieren in Zeiten von Corona

Bild: Pixabay / Alexandra_Koch

Studie zu Akzeptanz von digitalen Lehrveranstaltungen unter Studierenden

| Wie haben Studierende das digitale Hochschulsemester im Sommer 2020 erlebt? Die Wirtschaftsinformatiker*innen Gergana Vladova und Norbert Gronau vom Weizenbaum-Institut haben zusammen mit den assoziierten Forschern André Ullrich und Benedict Bender (beide Universität Potsdam) untersucht, welche Erfahrungen Studierende im Umgang mit digitalen Lehrformaten gemacht haben. Dazu unternahmen die Wissenschaftler*innen im Sommersemester 2020 eine Längsschnittstudie an vier deutschen Hochschulen und Universitäten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Akzeptanz von digitalen Lehrangeboten abhängig vom Studienfach ist und im Verlauf des Semesters zurückging.

Mit der Ausbreitung des Coronavirus waren Studierende im Frühjahr 2020 mit der Situation konfrontiert, dass Hochschulen und Universitäten den Lehrbetrieb von einem auf den anderen Tag in den digitalen Raum verlagert haben. „Unser Ziel war es herauszufinden, wie Studierende digitale Lehrangebote annehmen, ob es Unterschiede zwischen Studienfächern gibt und ob sich die Akzeptanz von virtuellen Lehrformen im Laufe des Semesters verändert“, so Weizenbaum-Wissenschaftlerin Gergana Vladova. Dazu führte das Forschungsteam zu vier Zeitpunkten im Sommersemester 2020 eine Online-Umfrage unter Studierenden der Fachrichtungen Wirtschaftsinformatik, Musik und Kunst durch.

Akzeptanz von digitalen Lehrangeboten variiert nach Studienrichtung

Die Auswertung der insgesamt 875 Antworten ergab, dass die Art und Weise, wie Studierende digitale Lehrangebote wahrnehmen vom Studienfach abhängt. So bewerteten Studierende der Musik und der Kunst digitale Lehrveranstaltungen grundsätzlich schlechter als Studierende der Wirtschaftsinformatik. „Dass Studierende der Wirtschaftsinformatik eine höhere Akzeptanz für virtuelles Lernen zeigen, ist vor allem auf zwei Tatsachen zurückzuführen: Zum einen können Informatik-Inhalte besser über digitale Formate vermittelt werden, zum anderen ist diese Studierendengruppe grundsätzlich offener gegenüber technologischen Anwendungen“, interpretiert Norbert Gronau die Ergebnisse.

Im Verlauf des Sommersemesters 2020 veränderte sich die Wahrnehmung der Studierenden hinsichtlich eines ausschließlich digitalen Lehrangebots. Insbesondere war bei Musik- und Kunststudierenden im letzten Semestermonat ein stärkerer Rückgang der Akzeptanz zu verzeichnen. Die Ursachen hierfür sehen die Forscher*innen vor allem in der Aufhebung der Kontaktbeschränkungen am Ende des Sommers und der damit verbundenen Möglichkeit, wieder vermehrt Präsenzunterricht abhalten zu können. „Anders als in der Informatik geht es im Kunst- und Musikstudium um den Schaffensprozess selbst, die Arbeit in Werkstätten oder das Proben im Orchester. Hierfür bieten digitale Lehrangebote keinen ausreichenden Ersatz, weshalb sie von diesen Studierenden als weniger geeignet angesehen werden“, analysiert Gergana Vladova die Befunde.

Forderungen an Lehre und Technologieentwicklung

Die Studienergebnisse haben auch Implikationen für die Lehre und Technologieentwicklung. So fordern die Wissenschaftler*innen, dass bei der Gestaltung von digitalen Lehr- und Lernangeboten die Unterschiede zwischen den Studienfächern stärker berücksichtigt werden. Zudem könnten viele Lehrkräfte in digitalen Lernumgebungen ihre fachlichen und methodischen Kenntnisse nicht in der gleichen Weise demonstrieren wie in der Präsenzlehre. Daher sollten sich Lehrkräfte nicht nur Kompetenzen zur Nutzung digitaler Werkzeuge aneignen, sondern auch didaktische und methodische Fähigkeiten für den virtuellen Unterricht. Um weitere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Studierende digitale Lehrangebote wahrnehmen, finden im aktuellen Wintersemester 2020/2021 weitere Online-Umfragen statt, die vor allem Veränderungen auf der Individualebene erfassen.

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