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Zahniportal-Blog

Aus den Schützengräben des Staatsexamens

Ein Einblick in mein Lernverlies. Stuhl umgekippt für Dramatisierung.
Foto: Moritz Göde

Geschätzte Leser,

es ist Anfang September, und Weihnachten kann gerne kommen.

Denn ich stecke mittendrin im 4-monatigen Staatsexamen, der allerletzten Hürde des Zahnmedizin-Studiums.

Ich schreibe Euch also unmittelbar aus den Schützengräben des Staatsexamens – wir sind gerade in der 2-wöchigen Prothetik-Phase, einem der gefürchtetsten Abschnitte dieser Prüfungszeit.

Wer hätte gedacht das der Weg zum Traum über so viele Traumata führt?

Meine Wohnung sieht aus wie eine Mischung aus Crack-Hütte und Detektei. Überall hängen Zettel an der Wand, es liegen Karteikarten auf dem Boden und dazwischen lungern leere Kaugummi-Packungen – zuckerfrei, versteht sich. Bei mir sieht es aus wie bei einem Verschwörungstheoretiker mit Oralfixierung.

Fluoridvergiftung, Amalgamdurchseuchung und böse Gifte aus wurzelkanalbehandelten Zähnen – ich bin ihnen allen auf der Spur.

Jeder Abschnitt stellt sich als waschechte Herausforderung da.

Aufgrund der Pandemie und eines sehr großen Semesters (ca. 55 Examinanden) mussten wir teils selbst Patienten auftreiben. Und weil meine Familie und Freunde entweder zu gute Zähne oder zu viel Angst vor mir haben, musste ich tatsächlich alle Kanäle bespielen: eBay Kleinanzeigen, nebenan.de, Flyer, Facebook. Sogar meine Großtante musste ich anrufen. Meine Verzweiflung war also unendlich.

Auch wenn es nicht gerne ausgesprochen wird: in manchen Fällen konnte man Interessenten nur locken, indem man finanzielle Unterstützung für die Behandlung versprach. Alte Leute anrufen um Ihnen Geld zuzuschieben – der reversed Enkel-Trick.

Und weil eine Krone nur auf einen parodontal gesunden Zahn kommen darf, befindet man sich urplötzlich bei älteren Damen im Wohnzimmer und misst ihre Taschentiefen. Und muss sie enttäuscht zurücklassen mit der Empfehlung einer PA-Therapie.

Wann ist endlich Weihnachten?

Weise Grüße,
Euer Moritz