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Zahniportal-Blog

Meth & die 5 Reiter der Paro-kalypse

Geschätzte Leser,

die Welt leidet gerade unter einer der heimtückischsten Pandemien der Menschheitsgeschichte: dem berüchtigten „Tiger-King-Fieber“. Der skurrile Zoodirektor Joe Exotic alias Tiger King hat uns alle mit seiner Netflix-Doku in den Bann gezogen. Wer’s jetzt verzweifelt auf Netflix sucht: der deutsche Titel lautet "Großkatzen und ihre Raubtiere“ und könnte damit uncooler kaum klingen. Warum nicht gleich „Großkatzengeflüster mit Johannes Exotisch“?

Was selbst dentalen Laien beim Anblick der zwielichtigen Einwohner des „Tiger Kingdoms“ auffällt sind deren miserable Zähne – wenn’s denn überhaupt noch welche gibt. Eine ätiologische Erklärung für diese desolaten Restbezahnungen liefert ein kurz eingeblendeter Sheriff: „Well, it’s meth-mouth!"

Der Doku-Sheriff diagnostiziert noch etwas weiter: seiner Vermutung nach konzentriere sich das Crystal Meth irgendwie in den Zähnen. Das wäre ja fast schon praktisch, dann hat man immer ein kleines Meth-Depot dabei. Vielleicht geht das ja auch mit Maggi, dann könnte man immer klammheimlich bei Muttern nachwürzen. Okay, die Depot-Theorie ist leider abwegig. Aber was ist dann der Grund für die vielen fehlenden Zähne in Meth-Mündern?

Wiederholter Konsum von "N-Methylamphetamin“ (ohne Zähne zynischerweise kaum aussprechbar) beschwört die 5 Reiter der Paro-kalypse herbei:

  1. Grassierende Karies (auch an Glattflächen)
  2. Gingivitis & Parodontitis
  3. Mundtrockenheit (Xerostomie)
  4. Knirschen (Bruxismus)
  5. Kieferklemme (Trismus)

Ein dunkelgrauer Blumenstrauß an zahnmedizinischen Erkrankungen also! Wie lässt sich das erklären?

Eins schon mal vorweg: wer Meth konsumiert, der legt ohnehin wenig Wert auf Gesundheit. Dementsprechend wird die heimische Mundhygiene vernachlässigt, weshalb Karies, Gingivitis und Parodontitis bereits der blutrote Teppich ausgerollt wird.

Begünstigt werden diese Krankheiten nun durch eine durch Meth verminderte Speichelflussrate sowie reduzierte Speichelpufferkapazitäten (niedrigerer pH-Wert). Und da eine Droge selten alleine kommt, kann die Speichelproduktion durch die Zunahme weiterer Rauschmittel (Cannabis, Kokain, Opioide) fast auf Null gefahren werden. Ohne die „Speichelpolizei" können Karius und Baktus dann ungestört ihre eigene kleine Meth-Mouth-Party feiern. Wer weiß, vielleicht verlieren die dann auch mal ihre Zähne, sperren Viren in Käfige und drehen Dokus darüber?

Als weiteres Symptom zeigen sich deutlich vertiefte Zahnfleischtaschen und Knochenabbau. Eine Erklärung dafür könnte eine gesteigerte Produktion bestimmter Entzündungsmediatoren in der Zahnfleischfurche (Sulcus) sein. Ohne zu tief ins Detail gehen zu wollen liegt dem Ganzen wohl eine generelle Abschwächung des Immunsystems mit gesteigerten Entzündungsreaktionen zugrunde.

Hinzu kommt noch ein weiterer pharmakologischer Effekt von Meth, der für eine übermäßige neuromuskuläre Aktivität sorgt. Das kann zu parafunktionalen Störungen wie Bruxismus (Knirschen) mit heruntergeschliffenen Zahnkronen führen; innerhalb einer aktiven Meth-Phase kann durch diese außerordentliche, muskuläre Aktivitätssteigerung ein reversibler Trismus (Kieferklemme) auftreten.

Dazu addiert man dann noch einen schwachen sozioökonomischen Status und eine wenig erschwingliche dentale amerikanische Gesundheitsversorgung und schon haben wir einen vollständigen Meth-Mouth. Die Therapiemöglichkeiten beschränken sich da rasch auf Extraktionen ohne bezahlbare Weiterversorgung (das Geld wird schließlich lieber in Rauschmittel investiert). Und da kann man dann rauchen was man will, dagegen ist dann wirklich kein Kraut gewachsen.

Weise Grüße,
Moritz