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Zahniportal-Blog

Auf den Mund geschaut: Kann der Joker überhaupt lächeln?

Geschätzte Leser,

nachdem jetzt hoffentlich auch der letzte von Euch dieses Jahr den fabulösen „JOKER“ im Kino genießen durfte, lässt sich passend zu diesem Character (wie in einem älteren Post zu Wolverine) mal wieder eine periorale Frage stellen. Diese bezieht sich allerdings auf den von Heath Ledger gespielten Joker aus dem Jahr 2008. Der war ja auch nicht von schlechten Eltern … wobei, dazu gleich mehr. Die große Frage heute ist also: Kann der Joker überhaupt lächeln?

Trotz der grünen Struwwelpeter-Gedächtnis-Friseur und des Geisha-gleichen Make-Ups fiel vor allem eines auf im Heath Ledgers Gesicht: die schweren Vernarbungen um die Mundwinkel. Im Film gibt der „Clown Prince of Crime" dafür zwei verschiedene Erklärungen ab. Laut einer davon sei der Ursprung dieser Weichgewebstraumata das Jagdmesser des eigenen Vater, der dem kleinen Joker mit der Bitte um ein bisschen mehr Humor („Why so serious?“) die Mundwinkel großzügig erweiterte. Zugegeben, ich habe auch manchmal Publikum, das über meine Witze nicht lacht – aber deswegen denen gleich das Gesicht zu verstümmeln, also, das ist keine Art! Das würde ja auch alles viel zu lange dauern, man will ja nach Hause nach so einem Auftritt. In der Unterwelt ist dieser Cut übrigens als Glasgow Smile bekannt. Den kann man aber guten Gewissens überall durchführen, dafür muss man nicht unbedingt nach Schottland fahren.

Also, was genau macht diesen hobbychirurgischen „Schnitt" so besonders? Das große, anatomische Problem hierbei: nur ein kleines Stück seitlich der Mundwinkel befindet sich der (manchmal als Knubbel tastbare) „Modiolus“. Das ist der buchstäbliche Knotenpunkt der perioralen (=mundnahen) mimischen Muskulatur. Hier inserieren und kreuzen sich die Muskeln orbicularis oris, risorius, depressor anguli oris, levator anguli oris, zygomaticus major, zygomaticus minor, levator labii superioris sowie zu Teilen der buccinator und das Platysma. Die mimische Muskulatur ist nicht sonderlich scharf abgrenzbar, daher sind alle Angaben ohne Gewähr. Zahnmedizinisch ist diese Stelle vor allem prothetisch von höchster Relevanz, da bei der Ausgestaltung einer Totalprothese die komplexe Muskeldynamik an dieser Stelle zu berücksichtigen ist.

Angenommen also, dieser wichtige Punkt wird primitiv sowie asymmetrisch durchtrennt und in seiner Wundheilung nicht ärztlich betreut (die extreme Narbenbildung sowie der laissez-faire erzieherische Hintergrund des Jokers sprechen dagegen), dann ist davon auszugehen, dass die Mimik des Jokers wahnsinnig verzerrt sein müsste. Ergo ist es schwer anzuzweifeln, dass das wahnsinnige Lächeln, das der Joker so gerne aufblitzen lässt, in eben solcher Symmetrie erfolgt. Es tut mir also leid euch enttäuschen zu müssen, aber große Teile der Geschichte von Batman sind wohl fiktiv.

Übrigens: die Tatsache, dass Heath Ledger ständig mit der Zunge in seinen Mundwinkeln spielt und seine Stimme etwas kloßig klingt, ist die prothetische Narbe selbst. Diese reichte bis in Heath Ledgers Mundhöhle und löste sich gerne beim Reden. Dementsprechend musste der Schauspieler sie einfach immer und immer wieder während des Sprechens lingual nachkleben.

Weise Grüße,
Moritz


Mit vielem lieben Dank an Dr. Lukas Seifert, den ich mit dieser absolut dringlichen Frage behelligen durfte.


Bildquelle: Wikipedia | bearbeitet