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Zahniportal-Blog

The Space Age of Dentistry

Ein Zahn im Weltall. Was wohl tiefer ist: das All oder diese Karies?

Geschätzte Leser,

wie in einem meiner letzten Blogs erwähnt kleiden wir uns zum Schutz vor Corona während Behandlungen wie verarmte Dental-Kosmonauten. Nur: Eine ernüchternde Kurzrecherche ergab, dass es so etwas wie Space Dentists leider offiziell gar nicht gibt.

Nein, es war bislang nicht einmal ein einziger Zahnmediziner in den Weiten des Alls. Das will mal einer verstehen, wenn doch jeder dahergelaufene Kampfjet-Pilot mit einem summa cum laude in Experimentalphysik am MIT in den Himmel kanoniert wird. Die können sicher nicht einmal die Bass-Technik mit der Zahnbürste. Es scheint also, das einzige was für uns Zahnis astronomisch bleibt, sind nur die Preise bei Henry Schein. 

Wäre ein Dentist-in-space denn überhaupt relevant? Gehen wir es chronologisch an: 

Vor dem Raketenstart:

Es herrscht ein oraler Mythos, dass sich Astronauten prophylaktisch die Weisheitszähne (sowie den Blinddarm, den Weisheitszahn unter den Weichgeweben) ziehen lassen müssen, um Chancen etwaiger Komplikationen an Bord auf 0% zu verringern. Dies ist allerdings nur eine Empfehlung der NASA.

Allerdings wird aber jede Füllung peinlichst vor Abflug überprüft, da die Besatzung extreme Beschleunigungen und Vibrationen standhalten muss beim Start. Es wirken Kräfte, die das Vierfache des eigenen Körpergewichts übersteigen. Außerdem sollte weder eine Luftblase unter der Füllung noch eine kariöse Kavität selbst vorliegen, da die ständigen Druckschwankungen zu schmerzhafter "Barodontologie" führen könnten.

Im All:

Das Zähneputzen ist für Astronauten erstaunlich unspannend. Wie ISS Commander Chris Hadfield in einem Video demonstriert, werden handelsübliche Zahnbürsten und Zahnpasta verwendet. Der einzige Unterschied zum irdischen Zähneputzen ist lediglich am Ende das Herunterschlucken der Zahnpasta, da niemand auf engstem Raum minzig duftende Speichel-Plaque-Klumpen anderer um die Ohren fliegen haben will.

Bislang waren menschliche All-Aufenthalte nicht länger als ein Jahr, doch führten sie nachweislich zu Verlust von Knochendichte in muskeltragenden Knochen. Signifikante Auswirkungen auf die zahntragenden Knochenbereiche wurden allerdings nicht festgestellt. Lediglich eine erhöhte Anzahl kariogener Bakterien wurde in den Mündern der Besatzung entdeckt, was wohl mit der dehydrierten Nahrungsaufnahme zusammenhängt.

Sollte aktuell auf der ISS aber dann doch mal (endlich!) ein relevanter dental emergency eintreten, so gibt es darauf vorbereitete Crew Medical Officers. Deren erlerntes Behandlungsspektrum beinhaltet die Rezementierung von Kronen, Extraktionen und provisorische Füllungen – im Falle eines schwarzen Loches. Ha! Also doch verkappte Space Dentists. Nur ohne coolen Titel. Noch.

Denn wenn wir dann aber endlich zu 3-jährigen Mars-Missionen aufbrechen sollten, werden zahnärztliche Behandlungen im All neue Herausforderungen aufwerfen: schließlich wird die Schwerelosigkeit dafür sorgen, dass alle im Mund aufgeworfenen und verwendeten Materialien mit jedem leichten Atemzug durch den Patienten sofort aspiriert werden (Mal wieder stört der Patient also den erfolgreichen Behandlungsablauf). Die NASA hat diese Probleme auf dem Schirm und sucht nach Lösungen.

Noch ist also nicht alles verloren. Das Zeitalter der Dentalen Raumfahrt fängt gerade erst an!

Weise Grüße,
Euer Moritz